Sonntag, 3. April 2022
Sieg der Ukraine?
Wie in den vergangenen Jahren werde ich meine Einschätzung zu den einzelnen Wettbewerbstiteln erst nach den Einzelproben beim ESC, also wenige Tage vor den jeweiligen Wettbewerben, veröffentlichen. Momentan startet allerdings eine Diskussion, zu der ich auch einen Kommentar abgeben möchte. Es geht darum, dass die Ukraine schon jetzt einen "moralischen Sieg" errungen habe und schon wegen des Umstands, dass die Interpreten trotz der Umstände in ihrem Land live in Italien auftreten wollen, gewinnen sollten. Erste Wettquoten weisen auch bereits darauf hin, und immer mehr Beobachter und auch Teilnehmer (wie Malik Harris, der für Deutschland antritt) haben sich entsprechend geäußert.

Meine erste Äußerung dazu lässt mich vielleicht als hartherzig oder als Besserwisser erscheinen, aber der ESC bleibt ein Liederwettbewerb, und der Sieg sollte an die beste Komposition gehen, nicht an das Land, das es vermeintlich "am meisten verdient" hat. Aber insbesondere: Mit dem Sieg ist auch die Berechtigung verbunden, den nächsten Wettbewerb auszurichten. Hiervon haben seit 1981 alle Länder Gebrauch gemacht. Möchten wir diese Kosten tatsächlich der stark gebeutelten Ukraine zumuten? Und: Ist es für die Interpreten, Teams und Besucher tatsächlich ein Vergnügen, dort im nächsten Jahr den ESC auszutragen?

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, die Ausrichtung abzulehnen, aber welches Zeichen würde gesetzt, wenn die Ukraine den ESC 2022 gewinnt, die Veranstaltung 2023 aber z.B. in London, Paris oder Madrid stattfindet?

Nach momentaner Enschätzung gibt es eine Handvoll Lieder, die den ESC 2022 gewinnen können, und auch die Ukraine gehört zum erweiterten Favoritenkreis. Ich hoffe allerdings in ihrem eigenen Interesse, dass sie nicht siegt. Auch Platz 2 (3,4,...) ist ein schöner Erfolg, und dieser wäre dem Land im Endeffekt sicher lieber als der "Grand Prix Eurovision", wie er früher einmal hieß.

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