Sonntag, 12. Mai 2019
Nach den Proben
Die Einzelproben sind vorbei, und wie immer haben sich auch in meiner Einschätzung kleine Verschiebungen ergeben. Insbesondere Belgien ist bei mir abgerutscht, und auch beim tschechischen Beitrag bezweifle ich, ob er so locker und positiv herüberkommt wie im Video. Dafür sind Schweden und Aserbaidschan vom erweiterten in den engeren Favoritenkreis gestiegen. Mal sehen, wie genau ich sie einschätze – mehr dazu, wie schon erwähnt, am Freitag, Dann gibt es auch ein Fazit zur zweiten Halbfinalrunde, das zur ersten schreibe ich bereits am Mittwoch. Und nächsten Sonntag gibt es dann abschließend einen Gesamtkommentar.

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Finalisten
Hier ist die Meinung zu den Beiträgen, die bereits für das Finale qualifiziert sind, in Auftritt ihrer Proben, die Startreihenfolge wird erst nach dem zweiten Semifinale festgelegt. Meinen Tipp für die ersten fünf werde ich daher auch erst dann nennen, ich veröffentliche ihn bis spätestens Freitagmittag.

Israel

In der Türkei habe ich gelegentlich Kuchen gegessen, der mit Sirup übergossen wurde. Genau wie damals die Kalorien quillt aus diesem Beitrag das Pathos nur so heraus, und man fragt sich, ob das eine Persiflage oder eine maßlose Übertreibung sein soll, und ob der Sänger wirklich aus Fleisch und Blut ist, aber Kobi beteuert immer wieder inbrünstig „I am someone“, also glaube ich es ihm. Nach einem „Was ist das denn?“ am Anfang hat mich dieses Lied gepackt, es ist in diesem Jahr neben San Marino mein zweites Guilty Pleasure. Objektiv wird es aber keine Chancen haben, die ersten 20 zu erreichen.



Frankreich

Der französische Beitrag steigt in den Wettquoten nach der ersten Probe ständig nach oben, und ich kann dies nicht verstehen. Ich höre einen jungen Mann, der bei diversen Liveauftritten Schwierigkeiten mit seiner Stimme hatte, und ich sehe eine Darbietung, die offenbar das Thema „Diversity“ aufgreifen soll. Auf mich wirkt sie wie eine Holzhammermethode, wie ein Totschlagargument: Sobald man etwas gegen dieses Lied sagt, ist man gegen Schwule, Übergewichtige, Ausländer, Behinderte, was auch immer. Ich bleibe dabei, dass Frankreich in diesem Jahr weit unter dem Durchschnitt bleibt, und wenn ich mir die Studioversion anhöre, also ohne optischen Firlefanz und akustisch bereinigt, bleibt nur Langeweile. Wenn es Gerechtigkeit gibt, belegt dieses Lied einen Platz jenseits der 20.



Spanien

Olé, una sangria por favor! Dieses Lied vermittelt genau die Partystimmung, die ich mit den Stränden an der Costa Blanca oder in Maspalomas assoziiere. Dass der Text auch noch eine gute Botschaft hat, dass man nämlich die Augenklappe abnehmen und über den Tellerrand sehen soll, kommt positiv hinzu. Ein rundes Gesamtpaket, schön ist auch, dass Miki erst gar nicht versucht, perfekt zu wirken. Mit einem guten Startplatz ist eine Platzierung um die 10 herum durchaus möglich. Y ahora todos juntos: „La venda ya cayó y solo quedó la alegría...“



Italien

Perfekt – wie schon bei den Niederlanden ist das der beste Ausdruck, um diesen Beitrag zu beschreiben. Ein junger Mann beschreibt, wie sein Vater seine Familie verlassen hat und sich nur meldet, wenn er Geld braucht. Mahmood vermittelt seinen Zorn hervorragend und wirkt dabei selbstbewusst, man sieht, dass er mit diesem Teil seiner Vergangenheit abgeschlossen hat. Ich denke, zumindest die Grundstimmung des Liedes wird auch klar, wenn man des Italienischen nicht mächtig ist, zudem hat das zweifache Klatschen im Refrain einen hohen Wiedererkennungswert. Übrigens erinnert mich Mahmoods Stimme in den höheren Lagen an Eros Ramazzotti, geht das nur mir so? Allerdings: Ich empfinde die Tänzer als unnötig, sogar als störend. Trotzdem: Wieder ein ganz heißer Kandidat auf den Sieg.



Vereinigtes Königreich

Eine großartige Stimme singt ein hymnenartiges Lied – eine gute Mischung für den ESC. Zu den Autoren zählt der schwedische Interpret, eine gewisse Ähnlichkeit im Stil ist erkennbar, aber anders als dort moduliert Michael mehr mit seiner Stimme. Ganz offensichtlich hat das britische Fernsehen seit der nationalen Vorentscheidung an der Optik stark gearbeitet, und zwar eindeutig zum Vorteil. Der Sänger hat eine Hose in seiner Größe gefunden, er gestikuliert weniger übertrieben, der Auftritt wirkt runder – well done. Ich glaube nicht, dass das UK in der Spitzengruppe mitspielen kann, aber selbst ein solider Mittelfeldplatz wäre ein besseres Ergebnis als in den meisten Vorjahren.



Deutschland

Och nö. Dieses Flickwerk aus langsamen Teilen und hysterischem Zickenkrieg mit anschließender Versöhnung erreicht mich überhaupt nicht. Die Radiosender, die auf aktuelle Mainstream-Musik spezialisiert sind, scheinen meine Einschätzung zu teilen, das Lied kommt dort kaum vor. 2015 bis 2017 belegte Deutschland jeweils einen der letzten beiden Plätze, ich kann mir nicht vorstellen, dass es diesmal anders sein wird.



Deutschland wird in der ersten Hälfte der Teilnehmer am Samstag antreten, die übrigen Genannten im zweiten Teil, so hat es eine Auslosung bei den Pressekonferenzen ergeben. Gastgeber Israel hat seine Startnummer bereits gezogen, es wird die 14 sein.

Das Finale des ESC wird am Samstag, 18.5.19, um 21 Uhr MESZ ausgestrahlt und in Deutschland bei der ARD übertragen – Kommentator ist wie immer (und wie auch bei den Halbfinalrunden) Peter Urban. Meinen Tipp für die ersten fünf werde ich am Freitagvormittag veröffentlichen, wenn die genaue Startreihenfolge feststeht.

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