Sonntag, 23. Mai 2021
Nach dem Finale 2021
Wieder einmal ist ein ESC Geschichte, und ich muss sagen, ich habe mich gut unterhalten - und fast so gut getippt wie vor zwei Jahren. Zwar lag ich beim Sieger falsch, aber vier meiner Top 5 haben im tatsächlichen Ergebnis nur einen Platz besser oder schlechter abgeschnitten als von mir vorausgesagt, das gilt auch für den deutschen Beitrag. Lediglich Litauen beendete den Wettbewerb drei Plätze schlechter als von mir prognostiziert, dafür war Gjon aus der Schweiz vier Ränge besser, was mich sehr freut - ich mochte das Lied und die Stimme immer, hatte aber befürchtet, dass die - nennen wir es - experimentelle Darbietung Punkte kosten könnte.

Zwar fand ich wieder, wie mehrmals in den letzten Jahren, dass vier Moderatoren einfach zu viel sind, insgesamt möchte ich dem niederländischen Fernsehen aber ein großes Lob für die Organisation aussprechen. Der ESC hat gezeigt, dass auch in Corona-Zeiten Großveranstaltungen möglich sind, die Anzahl der positiven Tests war verschwindend gering, dass es hierbei auch Akteure traf, ist bedauerlich, ändert aber am Gesamteindruck nichts. Und auch hier Respekt für die Niederländer, die alle kurzfristigen Programmänderungen souverän gemeistert haben.

Zwei 'Big 5'-Länder auf Platz 1 und 2 - das hatten wir seit Einführung dieser Regel noch nicht, die übrigen drei auf den hinteren Tabellenplätzen - das hingegen ist nichts Neues. (Neu ist allerdings, dass gleich vier Lieder keinen einzigen Punkt vom Televoting bekamen.) Mein herzlicher Glückwunsch geht nach Italien, und nach Frankreich möchte ich ein genauso herzliches Dankeschön senden - ich mochte das Lied immer, aber im Finale kam es mir so vor, als legte Barbara ihre gesamte Seele dem Publikum zu Füßen. Ich verfolge den ESC seit 50 Jahren, aber ich glaube, so sehr hat mich noch kein Beitrag bewegt.

Stimmliche Probleme habe ich bei den Beiträgen aus Zypern und dem Vereinigten Königreich gehört - letzterer wurde mit 0 Punkten abgestraft, und bevor entsprechende Mutmaßungen laut werden: Nein, es lag weder am Brexit noch am Impfneid, die Darbietung war einfach grottenschlecht.

Wegen der optischen Tricks wird der griechische Beitrag gelegentlich mit dem russischen Lied 2016 verglichen, aber gegen die faszinierende Darbietung von Sergej Lazarev wirkte Stefanias Show zu vorhersehbar, zudem waren gelegentlich Schatten zu sehen, was die optische Illusion zusätzlich störte. So ist Platz 10 noch ein recht tröstliches Ergebnis.

Das kann man San Marino nicht bescheinigen, auch US-Star Flo Rida sorgte nicht für die erhofften Punkte. Dass das Lied so schlecht abschneidet (Platz 22), hätte ich nicht erwartet - eine weitere meiner Prognosen, die ich hier nicht veröffentlicht habe, nämlich, dass San Marino und Litauen das beste Ergebnis ihrer ESC-Geschichte erzielen, bewahrheitete sich somit nicht.

Übrigens wurde nur eines der Top 5-Lieder auf Englisch gesungen, vielleicht denken die Verantwortlichen in den DACH-Ländern darüber nach, mal wieder einen Beitrag auf Deutsch zu entsenden.

Mich hat das Wiedersehen mit früheren ESC-Siegern sehr gefreut, schön, dass man ihnen noch einmal eine so große Bühne gegeben hat.

1965 fand der ESC in Neapel statt, 1991 in der Cinecittà bei Rom, bald werden wir erfahren, welche italienische Stadt der Austragungsort 2022 sein wird. Bis dahin werde ich noch oft den dänischen Beitrag in Endlosschleife hören und mich mit dem Werk von Barbara Pravi beschäftigen - ansonsten gilt: Nach dem ESC ist vor dem ESC (selbst wenn es zwei Jahre dauert). Arrivederci!

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